Wasserkünste - Fotokunst
Drei Exkursionen:
Bildkompositionen
A. H. Payne - 1840er Jahre
Im Weitwinkel
G. Kobold, Serie um 1800
Panorama Wilhelmshöhe
Postkarte 1907
> Bildbetrachtung 1, 2, 3, 4
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Auf der Bank sitzen vier Personen, außen jeweils die Männer, in der Mitte zwei Frauen. Links daneben bilden drei Frauen eine kleine Gruppe, noch weiter links stehen zwei Männer dicht beieinander. In der Dreiergruppe fällt eine Frau auf, die beide Hände in der Hüfte abstützt und die Arme anwinkelt. Eine auffällige Beobachtungshaltung. Der bodenlange Mantel aus schwerem, schwarzen Stoff kommt durch die Schulterpolster besonders zur Wirkung. Er fällt von der Hüfte aus breit nach unten. In der Zeit der Fotoaufnahme ist es noch üblich, dass Frauen von Stand ein Korsett tragen, um die Taille zu betonen und die hochwertige Kleidung, den teuren Stoff zur Wirkung zu bringen.
Alle Personen tragen Hüte, die fünf Männer entweder eine Melone oder den Homburger. Diesen markieren die hochgebogene Krempe und der Mittelkniff. Die Melone zeichnet sich durch eine steife Krempe und runden Kopf aus. Die ausgeformten, robusten Kopfbedeckungen unterscheiden den modebewussten, gut situierten Herrn von Männern, die Fedoras, also den Hut aus weichem Filz oder gar lediglich eine Mütze oder Kappe aufziehen. Eine Zuordnung zu einer Gesellschaftsschicht lässt sich für Deutschland durchaus ableiten. Allgemein gilt der Grundsatz gilt, ohne Kopfbedeckung geht "man" nicht hinaus.
Ganz anders sieht das aber in Großbritannien oder gar in den USA aus. Als robuste Kopfbedeckung für Jagdaufseher entstanden, setzt sich das Tragen der Melone (auch Bowler, nach dem Namen des Herstellers) in verschiedenen Gesellschaftsschichten zugleich durch. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kommen die weichen, formbaren Filzhüte auf, werden Modeartikel. Die Melone gehört nun eher zum Dresscode für Banker in der Londoner City oder die Fiaker in Wien.
Im Deutschland der Zwanziger Jahre sind Melone und Homburger deutlicher der Verweis darauf, zur gehobenen, auf Mode bezogen konservativen Schicht zu gehören. Die Art der Kopfbedeckung ist Statussymbol. Das gilt auch für den Spazierstock. Die beiden Männer behalten ihn, auch auf der Bank sitzend, sichtbar vor sich in der Hand.
Frauen tragen zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Kopfbedeckung, selbstverständlich. In der Mitte des 19. Jahrhunderts sind es Hauben, mit denen die gut situierte Besucherin der Wilhelmshöhe ihren Status zeigt. Solche in der Mode der Zeit dann wechselnde Hauben-Typen betrachten wir auf Stichen z. B. von A. H. Payne. Mehr dazu in der Bildbeschreibung der zwei Stahlstiche "Die große Fontäne".
Das ist um 1900 aber gestrige Mode, dieser Typ einer Kopfbedeckung passt nicht mehr zur Garderobe der modernen Dame.
Ohne Hut geht die gut situierte Frau nicht aus dem Haus. So grenzt sie sich von den Arbeiterfrauen ab, den Hausangestellten und Dienstmädchen mit Kopftuch. Die Hüte hier auf der Postkartenaufnahme dürften Einzelstücke sein, also für die Käuferin angefertigte Kopfbedeckungen oder als Unikat erworben. Die Frauen können sich das wohl leisten, solche Hüte sind teuer. Wer eine solche Kopfbedeckung trägt zeigt, dass sich Frau das leisten kann.
Aufschlussreich ist noch, wie die Männer sich zwar wenig in der Kleidung unterscheiden, aber doch sichtbar großen noch Wert legen auf guten Stoff und Schnitt. Mantel und Geh-Rock in Grautönen und Schwarz sind um die Jahrhundertwende angesagt. Ist es hier auf dem Bild Kleidung von der Stange? Eher nicht, Konfektionsware wird zwar seit Ende des 19. Jahrhunderts angeboten, solche Ware gibt es in Herrengeschäften oder den neuen großen Kaufhäusern. Der Herr im Vordergrund dürfte eher einen maßgeschneiderten Anzug tragen und passend dazu den für ihn angefertigten Schuh. Gerade das scheint er selbstbewusst herausstellen zu wollen.
Der Verweis auf Ludwig XIV. und die im Rigaud-Porträt so auffallend positionierten roten Schuhe
drängt sich erneut auf. Mehr?
Die Frauen zeigen sich in den Farben der Röcke, Mäntel und Hüte eher unauffälli. Die grau und anthrazit gehaltene Kleidung werden gut situierte Damen aber durch Accessoires wie kariertem Schal oder edlem Halstuch, der Feder auf dem Hut sowie feinen Handschuhen dekorieren.
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