Welche Assoziationsketten hat der Fotokünstler mit der auffallenden Positionierung angelegt?
Die Körpersprache, der Habitus ist interessant. Der Herr lenkt unseren Blick auf die Weltkugel, ohne uns aus dem Betrachten der zentralen Achse zu entlassen. Das ist ein geschickt komponierter Fingerzeig, denn beides gehört zusammen.
In dieser Pose haben sich in den letzten Jahrhunderten Fürsten porträtieren lassen. Rigauds Herrscherbild von Ludwig XIV. ist maßgebend. Das Gemälde kannte auch Landgraf Karl, denn Kopien wurden an die großen europäischen Höfe versandt. Das sind letztlich Selfies. Schaut mich an!
Im Hauptkapitel "Selfies mit Carl" bin ich dem nachgegangen.
In vergleichbarer Pose drückt hier ein gut situierter Herr aus dem Bürgertum eine Grundhaltung aus. In bester Kleidung mit Melone, Gehrock und Spazierstock betrachtet er das Ganze stolz und gelassen selbstbewusst zugleich. Zur Kugel hinschauend zeigt er, wie er die Welt sieht, wie er sich da einordnet, wohlwissend, was um 1700 der Bauherr des Karlsberges mit der linearen Anlage von Herkulesfigur auf dem Oktogon und großer Kaskade hinunter Richtung Schloss bezweckte. Die Kugel, mehr als 100 Jahre später hier aufgestellt, gehört dazu. Es ist einer von zwei Globen, auf dem Abgebildeten ist reliefartig die damals geografisch erfasste Welt herausgearbeitet. Der zweite, vom Betrachter aus gesehen am rechten Rand der Schlosstreppen rechts, zeigt den Sternenhimmel
Sichtachse und Platzierung der Kugel passen also zusammen, denn der Karlsberg ist eine Anlage von Weltgeltung, das Monument und das Wassertheater sind einzigartig. Landgraf Karl hat diese Inszenierung veranlasst. Er präsentiert sich als einflussreicher, wohlhabender Fürst, der sich dem französischen Herrscher (Ludwig XIV.) am Rhein erfolgreich entgegengestellt hat, bei der Verteidigung der linksrheinischen hessischen Burg Rheinfels. Karls Kalkül ist offensichtlich: Jetzt müsste mir der deutsche Kaiser in Wien endlich die ersehnte Königswürde zuteilen. Das Motiv des Landgrafen ist sicher die persönliche Rangerhöhung im Konzert der so zahlreichen deutschen Fürsten, in erster Linie aber will er das Haus Hessen-Kassel durch den Status Königreich absichern.
Schauen wir uns weiter die Personen an, die sich den abklingenden Wasserspielen zuwenden. Es sind Frauen und Männer aus dem gut situierten Bürgertum, vor allem an der Kleidung als wohlhabende Besucher erkennbar. Der französische Soziologe Pierre Bordieux hat für die Untersuchung und Interpretation solchen Auftretens und Benehmens den Begriff Habitus entwickelt. Es dürfte sich lohnen, die Personen im Ausschnitt vergrößert
genauer zu betrachten.
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