Meine Heimatstadt ist der Ausgangspunkt, um Hessen und "uns Hessen" zu verstehen. Das ist gar nicht so leicht. Hessen entsteht im Norden, Kassel ist zunächst nur eine von zumindest drei Residenzen der ersten Grafen und Landgrafen im Hessengau, neben Gudensberg und Marburg.
Hessen ist heute ein Zusammenschluss von Territorien, Regionen und Gebieten.
Kartenblätter weisen das "Werden Hessens" vom 13. bis 20. Jahrhundert eindrucksvoll aus. Es ist keine gradlinige Entwicklung und immer wieder durch Erbteilung, Anfall und Abfall von Grafschaften, Landesteilung und die preußische Annexion durchbrochen:
Nieder- und Oberhessen, der Lahngau und die Wetterau, Waldeck, Solms, Wittgenstein, Nassau, Katzenelnbogen, Dillenburg und Diez. Im Süden
die Freie Reichsstadt Frankfurt, umgeben von Henneberg, Ysenburg, Hanau-Münzenberg und Hanau-Lichtenberg, vom Hochstift Fulda und den Mainzischen Gebieten.
Durchaus kurios, auf einer Karte mit dem Titel "Hassiae Superioris et Wetterau" von 1746 ist Darmstadt als Residenzstadt von Ober-Katzenelnbogen eingezeichnet, auf anderen Karten dieser Zeit aber titelgebend für die Landgrafschaft. Nord- und Südhessen haben eine eigene Geschichte, die Zweiteilung in Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel folgt 1648 mit dem Ende des fast 80 Jahre andauernden Hessen-Kriegs.
Je intensiver ich in die Geschichte Hessen-Kassels eindringe, um so mehr kommen die Landesteile in ihrer Besonderheit und Eigenständigkeit in den Blick, werden interessant, gerade auch bei Fahrradtouren, beim Spazieren gehen und Wandern mit Freunden, wenn Orte und Regionen mit Muße betrachtet werden.
Solche Eindrücke erweitern das Forschungsinteresse, Ergebnisse sind in zahlreichen Einzelstücken hier in der Website deutlich zu erkennen. Dazu mehr?
Bezüge zur deutschen Geschichte sind eingebaut, soweit mir Erklärungen und Verweise sinnvoll erscheinen. Für die Zeit ab 1567 bzw. 1648 (Teilung Hessens in die Landgrafschaften Kassel und Darmstadt) liegt der Schwerpunkt auf Hessen-Kassel.
Aus der Landgrafschaft entwickelt sich, mit erheblichem Gebietszuwachs, das Kurfürstentum Hessen. Es wird 1807 - 1813 zum Kernland des Königreichs Westfalen und dann wieder hergestellt. Es geht schließlich 1866 in der preußischen Provinz Hessen-Nassau auf - mit den Regierungsbezirken Kassel und Wiesbaden. Kassel erhält den Sitz des Oberpräsidenten.
Auch von 1918 bis 1945 bleibt dieser Status erhalten, ab 1944 erfolgt eine Aufteilung in Kurhessen und Hessen-Nassau. 1945 werden Kurhessen, Hessen-Nassau und der Volksstaat Hessen (ehemaliges Großherzogtum Darmstadt) zu Großhessen vereint. 1946 wird daraus laut neuer Verfassung das Bundesland Hessen.
Landesgeschichte bezieht sich wesentlich auf Gebiete und Regionen: Sächsischer und fränkischer Hessengau, Niederhessen, Oberhessen, Darmstadt-Dieburg, Hanauer Becken, der Wettergau, die Landstriche an Lahn und Dill, an Main und Kinzig, Waldeck... Dann waren auch Gebiete auf Zeit Teil der Landgrafschaft Hessen: Schmalkalden (Thüringen), Schaumburg und Plesse (Niedersachsen), Katzenelnbogen und Diez (Rheinland-Pfalz)... Fürstentümer wie Hersfeld, Fulda und die freien Reichsstädte Frankfurt, Wetzlar und Gelnhausen wurden 1815 bzw. 1865 hessisch. 1929 wird der Freistaat Waldeck in die Privinz Hessen-Nassau eingegliedert.
Es ist eine sehr komplizierte Territorialgeschichte, aber selbst kleine Einblicke und das Betrachten von Ausschnitten können dazu beitragen, das heutige Hessen mit seinen Landschaften und Eigenheiten zu verstehen. Die Flüsse prägen die Regionen: Weser, Fulda und Werra, Diemel, Eder und Schwalm, Lahn und Dill, Wetter und Nidda, Kinzig, Main und Neckar, der Mittelrhein.
Die politische Geschichte Hessens ist sehr schwer im Ganzen nachzuvollziehen. Es ist mein Anliegen, diese mit Einstiegen in die Regionalgeschichte zu verknüpfen und so verständlicher zu machen. Und dann sollen hervorgehoben Aspekte aus der Geschichte des Alltags und von Lebenswelten in den Blick kommen: Arbeiten und Wohnen, soziale Situationen, Kultur, Reisen, Spazierengehen, Ausflüge, Vergnügen, Messen, Ausstellungen...
Darauf abgestimmt versuche ich im Kapitel " Einzelstücke" einige schöne nur mittelbar zugängliche Dokumente wie Edikte, Kartenblätter, Reklame-Anzeigen vorzustellen. Induktiv angelegt, also mit kleinen, eingegrenzten Untersuchungsergebnissen, kann ich vielleicht zu eigenen Betrachtungen anregen und "hessische Geschichten" als Gesprächsthema und beispielsweise für den Geschichtsunterricht erschließen.
Auf solche methodischen Überlegungen gehe ich auf der Seite Geschichtsvermittlung näher ein. Sich auf Vermittlung zu focussieren, das ist eine m. E. bislang zu einseitig beachtete Aufgabe von Geschichtswissenschaft. Vermittlung ist mehr als zu überlegen, wie Forschungsergebnisse und Historische Zusammenhänge vereinfacht dargeboten werden können. Über die Rezeption hinaus geht es mir um Teilhabe, Diskurs, Medien und Zugänge.
Zentrale Orte für ein direktes Aufsuchen und Ergründen von Regional- und Alltagsgeschichte sind drei Kasseler Einrichtungen. Zuerst das Stadtmuseum mit wunderbaren Ausstellungen und umfangreicher Präsenz-Bibliothek, dann das Stadtarchiv mit einer Fülle an Dokumenten, dort nachzulesen, mit bester Hilfestellung beim Nachfragen und Stöbern. Schließlich noch das Landesmuseum mit einer neu gestalteten Schau der Exponate - Sammlungsstücke aus der Schatzkammer und zu "Mitten im Leben".
Die Muhrhardsche und Universitäts- Bibliothek ist besonders zu erwähnen, weil mit
dem Portal ORKA eine Fülle an Digitalisaten zur Verfügung stehen.
Einen hohen Stellenwert hat ebenso die Datenbank der Museumslandschaft
Hessen-Kassel. Von hier aus lassen sich nicht nur Objekte aus der Sammlung
des Landesmuseums aufrufen, sondern beispielsweise auch die großartige Grafiksammlung mit den zahlreichen Plänen und Architekturzeichnungen zum
Bergpark und zur Karlsaue.
Ohne Zugriffe darauf hätte ich einige Rundgänge und Einzelstücke gar nicht anschaulich und differenziert im Bildvergleich anlegen können.
ORKA und MHK-Datenbank - Studium im Geschichts-Office ;-)