kasselerkunden.de
P a r k g e s t a l t u n g . -  W a s s e r k ü n s t e  -  H. C. J u s s o w .1
Historische Exkursion
Rundgänge

Das alte, noch unter Landgraf Friedrich II. aufgestockte und erweiterte Lustschloss Weissenstein, grenzt zur Stadtseite hin den barocken Garten ab, auch hier auf dem Parterre findet höfisches Leben statt, in einem nach draußen reichenden "Wohnzimmer", denn es schließt direkt an das Corps de Logis an. Der Bereich ist geometrisch gestaltet, Rasenflächen, Wege, Pflanzenbeete und Hecken sind in Form gebracht. Zugleich stellt das weitläufige Parterre die Verbindung zum ansteigenden Hang, also Richtung Kaskaden und Herkules her. Es endet an dem dreipassförmigen Fontänenbassin. Rechts und links gehen Wege ab, z. B. zum Schneckenberg am Nordrand. Diesen krönt ein Apollontempel, ein allerdings instabiler Holzbau, der zusammen mit anderen Tafeln und Gerüsten aus Holz in den frühen 1790er Jahren abgerissen wird.

Jussows Vorhaben ist sehr anspruchsvoll: Er will die bestehenden Seitenflügel und den noch zu bauenden Mitteltrakt zu einer stimmigen Schlossanlage verbinden und zugleich Schritt für Schritt den barocken Park in einen Landschaftsgarten verwandeln. Genial ist, wie er wenige barocke Elemente auswählt und als wohlgeordnete Szenarien im neuen, dem englischen Stil konzipierten Park belässt. Dazu gehören die Broderien, die geometrisch in den Rasen eingelassenen Pflanzenbeete vor der Schloss-Terrasse.

Das zentral einbezogene Element ist die barock konstruierte Mittelachse. Wie gelingt hier die Verbindung von künstlich geformter und (scheinbar) natürlich belassener Parkgestaltung?
Das Bassin verliert seine geometrische Ausformung und wird zum Teich. Die kleine Insel mit der nunmehr "Großen Fontäne" rückt nach rechts, daneben leitet der Apollon-Tempel (auch Jussow-Tempel) den Blick hinüber zu den Peneus-Kaskaden, die das vom Aquädukt kommende Wasser aufnehmen und dem Fontänenteich zuführen.
Vom Bowlinggreen aus betrachtet ziehen Fontäne und Tempel gerade wegen dieser Platzierung etwas (Fontäne) und deutlich (Tempel) neben (!) der Hauptlinie die Aufmerksamkeit auf sich. Peseus und Apollon verweisen auf die griechische antike Mythologie. Diese Platzierung im Gartenbild drängt aber zugleich dazu, auch die in der Mittelachse angesiedelte Götterwelt wahrzunehmen, markiert durch die Plutogrotte neben der Teufelsbrücke und oberhalb davon mit dem Neptunbecken. Nicht zufällig ist hier der Teich zwischen Plutogrotte und Neptunbecken im Zuge der Neugestaltung ausgehoben worden. In ihm sammeln sich die von der barocken Kaskade abfließenden Wasser mit dem vom Aschteich herbeigeleiteten Wasser. Das "barocke" Wasser steht dem romantischen Wassertheater zur Verfügung.
...

Teil 2

Landgraf Wilhelm IX., ab 1803 Kurfürst Wilhelm I., beauftragt Heinrich Christow Jussow 1790 mit der Planung des weiteren Schlossbaus (Mitteltrakt) und mit der Umgestaltung des Bergparks insgesamt. 1799 wird Jussow Oberhofbaumeister. Er setzt die Arbeiten von Simon Louis du Ry fort, der Weißensteinflügel wird 1790 fertig. Der Kirchflügel gegenüber ist noch im Bau, als Jussow mit Planungen für den Mitteltrakt 1792 beginnt. Sechs Jahre, bis 1798 dauert es, dieses Corps de Logis fertig zu stellen.

Es entsteht eine klassizistische Dreiflügel-Anlage.
Jussow gelingt es, das neue Schloss in
das Gesamtkunstwerk Bergpark Wilhelmshöhe einzupassen.

Hofbaumeister und Gartenarchitekt

Landschaftsgarten trifft auf Barock
Mein Foto Juli 2020. Zugleich ein Postkartenmotiv?