Thesen:
Der Film holt uns in einer noch heute modern wirkenden Aufnahme- und Schnitttechnik in die Idealisierung der Hitlerjugend hinein. Bilder und Musik lassen uns denken, dass die nationalsozialistische Bewegung bei der Jugend bestens ankommt.
Der Film zeigt trotz seiner Eindeutigkeit in der Botschaft „Bereitet euch auf den Krieg vor!“ in vielen Passagen eine subtile, also feine, nicht sofort erkennbare und nur in Andeutungen angelegte Werbung für den Nationalsozialismus und dessen Ideen.
Der Film suggeriert:
Die Bewegung ist nicht mehr aufzuhalten.
Der Nationalsozialismus wird auch militärisch siegen.
Die jungen Zuschauer 1941 werden sich dieser Wirkung kaum haben entziehen können.
Filmanalyse und Interpretation
Der Film beginnt damit, Jugendliche in ihrem Element zu zeigen. Sie spielen Theater, treiben Sport, schauen zu, sind begeistert, strahlen Freude, Lebenshunger, Mut aus.
„So wie diese Quelle kurzerhand wird zum Gefälle, und ist sie auch noch etwas schwach, gleicht schon einem regelrechten Bach, der auch noch ständig wachsen kann und zum Flusse wird alsdann. Ebenso ist auch die Jugend eines Volkes edle Quelle. Alles ist in ihr geborgen. Jugend ist das Volk von Morgen.“
Die erste Sequenz stellt uns Jungen vor, die aufgeregt einer Theateraufführung entgegen fibern. Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren haben das Ganze einstudiert, scheinbar allein. Alle Spieler sind Hitlerjungen, Erwachsene sind nicht zu sehen.
Nach Sequenzen mit schnellem Szenenwechsel folgen ruhigere Szenen, eingeleitet mit einem Focus auf die zum Leben erweckte Büste des griechischen Philosophen Sokrates. So wie er im antiken Athen seine Gesprächspartner ironisierend zur Rede stellte und deren Scheinwissen entlarvte, wollen die Jungen im Theaterstück die Dekadenz des englischen Erziehungswesens vorführen. In einer Gegenüberstellung zeigen die Schauspieler, wie die Deutschen diszipliniert lernen: Antreten, rechts um! Vorwärts marsch!
Dem exakten Auftreten der Deutschen steht die Demonstration der Engländer entgegen.
Im eingespielten Filmausschnitt sind britische Offiziere zu sehen, die ungeordnet exerzieren und mit unkoordinierten Armbewegungen abmarschieren. Kommentiert wird das Gezeigte mit dem Spruch: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr!“
Allerdings lernen die Briten umso besser, so zeigt uns die Vorführung, sich fein anzuziehen, auf Tischen zu tanzen, aus Parfüms auszuwählen und sich im Club bedienen zu lassen. In Überblendungen werden zunächst Premierminister Neville Chamberlain (1937 1940), Außenminister Anthony Eden und dann der neue Premierminister Winston Churchill (ab 10. Mai 1940) gezeigt. In verzerrenden Bildfolgen oder Bildwiederholungen werden diese karikiert.
Eine andere Überblendung lenkt den Blick von den auf den Tischen tanzenden und die Hände hochhaltenden Jugendlichen auf gefangene britische Soldaten, die Szene ist wiederum als Originalaufnahme eingespielt. Die Soldaten werden eine Straße entlang geführt, mit erhobenen Händen gehen sie aus dem Bild. Es sind Originalaufnahmen von der Gefangennahme britischer Soldaten im Zusammenhang mit der Schlacht um Dünkirchen im Juni 1940. Die deutschen Verbände schließen die belgische Stadt Dünkirchen ein, nehmen tausende britischer Soldaten gefangen, mehr als 300 000 Soldaten fliehen, sie werden mit Schiffen nach Großbritannien zurückgeholt.
„Jung gewohnt ist alt getan!“ verkündet der Sprecher. Die Gegenüberstellung von lockerem, überheblichen Gehabe der britischen Jugend und diszipliniertem Auftreten der deutschen Jugend ist damit abgeschlossen.
Die nun folgende Sequenz beginnt mit einem Prolog. Klares, sprudelndes, nach oben dringendes Wasser ergießt sich vom Ursprung aus in alle Richtungen. Das Bild der Quelle ist hier Symbol für die deutsche Jugend und deren Moral. „Sehet!“ ruft eine helle Jungenstimme und der eingangs wiedergegebene Text setzt ein. „So wie diese Quelle kurzerhand wird zum Gefälle ...“
Die Quelle speist einen Bachlauf, der wiederum einen kleinen Steinhang hinabfällt und sich allmählich verbreitert, bis er zum Fluß wird. Im großen Strom zieht das Wasser ruhig dahin, anaufhaltsam weiter fließend. Bei diesem Bild kommentiert die Jungenstimme:
„Jugend ist das Volk von Morgen!“ Und diese frische Stimme gibt zugleich das Stichwort für einen Bildwechsel und die Umstellung auf eine neue, von Anfang an dynamische Musikbegleitung.
Auf den zweiten Filmteil (zweiter Akt) gehe ich noch kurz ein:
Ein Kind taucht auf. Nahaufnahme. Nur der nackte Oberkörper des Jungen ist zu sehen. Er verschwindet aus dem Bild, erscheint erneut, jetzt beinahe ganz zu sehen, die Arme emporgestreckt. Er lacht die Betrachter an. Erneut beugt er sich vor. Halbtotale. Jetzt ist die ganze Gruppe zu sehen. Dann holt die Kamera in der Totalen ungefähr 20 Jungen ins Bild, Turner, die an einem Abhang ihre Freiübungen durchführen. Das Aufrichten der Oberkörper begleitet die Musik jeweils in einer aufsteigenden Tonfolge. Hinten sind Berge, blauer Himmel und weiße Wolken zu erkennen.
Das ist die deutsche Jugend, scheinen die Bilder aussagen zu wollen. In ihr steckt die Kraft, die Deutschland vorantreibt.
Der Film „Soldaten von Morgen“ ist ein technisch sehr gut gemachter Film, er dürfte bei den meisten Jugendlichen begeistert aufgenommen worden sein. Wie in einem Werbefilm stellt er die Ziele heraus, die Hitler bei Großveranstaltungen immer wieder der Jugend verkündet hat.
Jürgen Fischer, Oktober 1998